Windkraft aktuell

Erdkabel Oberbachern-Kleinschwabhausen: Die Bagger rücken an

Gestern haben die Erdarbeiten für die Hochspannungsleitung begonnen, die das neue Umspannwerk in Kleinschwabhausen an den Netzknoten Oberbachern anbinden wird. Der 18 Kilometer lange Neubau ist das bisher längste Erdkabel des Bayernwerks. Die Verbindung soll im Herbst 2025 in Betrieb gehen.

16.4.2024 Im Landkreis Dachau wird wesentlich mehr Strom produziert als vor Ort verbraucht wird. Die überschüssige Energie, die vor allem bei Sonnenschein durch die vielen PV-Anlagen entsteht, kann über das bestehende Mittelspannungsnetz kaum noch abtransportiert werden. Neue PV- und Windkraftanlagen haben deshalb Probleme, an das Netz angeschlossen zu werden. Hier soll das neue 110-kV-Kabel Abhilfe schaffen. Die Bayernwerk Netz GmbH hat zwei Tiefbaufirmen mit dem Aushub der 1,75 Meter tiefen Gräben für das Erdkabel beauftragt. In den Graben werden Leerrohre verlegt, in die später das Stromkabel eingezogen wird. Quert die Leitung Straßen, Schienen und Gewässer, bohrt ein spezielles Spülbohrgerät einen unterirdischen Kanal. Die Baukosten beziffert das Bayernwerk auf 39 Mio. Euro.

Endlich Entlastung für das Stromnetz im Landkreis Dachau

Die Regierung von Oberbayern hat die 110-kV-Kabeltrasse zwischen den Umspannwerken Oberbachern und Kleinschwabhausen genehmigt. Mit dem Bau beginnt das Bayernwerk in diesem Frühjahr, und im Sommer 2025 soll die Leitung in Betrieb gehen. Dann können endliche neue PV-Freiflächenanlagen und Windräder ans Mittelspannungsnetz angeschlossen werden.

3.3.2024 Seit Jahren ist das Mittelspannungsnetz (20 kV) im nördlichen Landkreis Dachau überlastet: Es wird wesentlich mehr Strom erzeugt als verbraucht, und die überschüssige Energie kann nicht ins übergeordnete Netz abfließen. Dies vor allem bei Sonnenschein, denn dann laufen alle PV-Anlagen gleichzeitig auf Hochtouren. Wegen dieses Flaschenhalses konnten in den letzten Jahren kaum noch neue Anlagen angeschlossen werden – oder der mögliche Einspeisepunkt war so weit entfernt, dass er die Anlage unwirtschaftlich macht. Mit dem neuen Erdkabel soll sich das nun ändern. Das Umspannwerk in Kleinschwabhausen ist längst gebaut – aber es liegt mangels Anbindung brach.

Grund für die Verzögerung waren schwierige Verhandlungen mit den Grundbesitzern. Sie befürchten nicht zuletzt, dass die Drainageleitungen unter ihren Grünlandflächen durch den Leitungsbau beschädigt werden. Doch nun hat die Regierung von Oberbayern in ihrem Planfeststellungsbeschluss entschieden, dass die Leitung „im Interesse der Allgemeinheit an einer sicheren Versorgung mit Elektrizität unbedingt notwendig“ ist und dass „der Eingriff in das Privateigentum auf das erforderliche Maß reduziert“ worden ist. Wenn das Bayernwerk dennoch mit einzelnen Grundbesitzern keine Einigung erzielen kann, ist eine Enteignung zulässig.

Der Planfeststellungsbeschluss wird nun bis zum 12. März 2024 auf den Internetseiten der Gemeinden Bergkirchen, Markt Indersdorf und Schwabhausen sowie der Regierung von Oberbayern veröffentlicht. Danach kann innerhalb eines Monats gegen den Beschluss beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt werden. Soweit keine Klagen erhoben werden, wird der Planfeststellungsbeschluss nach Ablauf dieser Frist rechtskräftig.

Wer sich das Oeuvre im Original antun will: Es umfasst stolze 237 Seiten, und das alles wegen 18,5 Kilometer Erdkabel. Und da reden alle von Bürokratieabbau!

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/bayernwerk-stromtrasse-leitung-erdkabel-planfeststellungsverfahren-auslegung-erneuerbare-energien-1.6407639

https://www.regierung.oberbayern.bayern.de//mam/dokumente/presse/pm-pdf/24-02-26_pm009_21_pfb-erdkabelleitung-kleinschwabhausen.pdf

Regionaler Planungsverband benennt mögliche Windenergiegebiete

Nach einem jetzt veröffentlichen Vorabentwurf für das „Steuerungskonzept Windenergie“ sollen die größten Vorranggebiete im Süden von München entstehen. Rechtskräftig werden die Pläne aber erst Anfang 2026.

11.1.2024 Nachdem die Gemeinden in der Region München die für Windkraft geeigneten Flächen in ihrem Gebiet an den Regionalen Planungsverband (RPV) gemeldet hatten, stand fest: Das reicht nicht, um das Ziel von 1,1 % der Regionsfläche für Windenergie (bis Ende 2027) zu erfüllen, wie es das Bundesgesetz fordert. Daraufhin hat der RPV die Zügel angezogen und ist in vielen Fällen weit über die von den Gemeinden empfohlenen Flächen hinausgegangen und hat geringere Abstände zu Siedlungen in Kauf genommen. Nach den jetzt veröffentlichen Plänen sollen insgesamt 2,3 % der Regionsfläche als Vorrangflächen für Windenergie ausgewiesen werden. Das würde sogar reichen, um die Vorgabe für 2032 (bayernweit 1,8 % der Fläche) zu erreichen. Allerdings ist über die Pläne noch nicht das letzte Wort gesprochen – viele Gemeinden werden ihr Veto dagegen einlegen.

Der Planungsverband teilt die Region in einen Bereich mit großen Flächen für Windparks südlich von München und den nördlichen Bereich mit kleineren Flächen, die zu „Clustern“ zusammengefasst werden (gepunktete Linien), innerhalb derer die Auswirkungen wie die „Umzingelung von Siedlungen mit Windrädern“, gemeinsam bewertet werden. Die blauen Punkte markieren bestehende Windräder.

Überraschend: Das Gros der geplanten Vorranggebiete liegt im Süden von München. Der galt bisher als sakrosankt wegen seiner Nähe zum Alpenvorland und dem Blick auf die Alpen. Doch die riesigen Waldflächen (2700 ha im Ebersberger Forst, 1.700 ha im Forstenrieder Park und 1500 ha im Bereich Aying, Brunnthal, Sauerlach) bieten sich für größere Windparks an. Sie sind allerdings selbst im Windatlas nicht als „für Windenergie geeignete Flächen“ dargestellt. Im Norden von München sind die Planer dagegen weitgehend von den größeren Flächen im Windatlas ausgegangen und haben daran nur kleinere Abstriche gemacht. Zu Wohnsiedlungen haben sie einen Abstand von 900 m eingehalten, zu Einzelgehöften und Weilern 550 m. Sogar zu Siedlungsbereichen, die in Flächennutzungsplänen als Mischgebiete ausgewiesen sind, gelten nur 550 m Abstand. Herausgenommen aus der Planung wurden Flächen, die eine „Umzingelung von Siedlungen mit Windenergieflächen“ zur Folge haben würden. Zudem wurden die Windhöffigkeit, die Erschließungsvoraussetzungen, der Artenschutz (Sicherung des Populationserhalts geschützter Arten) sowie die örtlichen Planungen und Interessen berücksichtigt. Flächen mit weniger als 2 ha blieben außen vor.

Mit dem „Steuerungskonzept Windenergie“ sollen einerseits Vorranggebiete ausgewiesen werden, in denen andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen und Windenergieanlagen privilegiert zulässig sind, daneben aber auch Vorbehaltsgebiete für die Windenergienutzung, die später zu Vorranggebieten hochgestuft werden können, sowie Ausschlussgebiete. Das weitere Verfahren sieht nun die Anhörung der betroffenen Gemeinden und anderer „Träger öffentlicher Belange“ in zwei Stufen vor, und das wird sich bis Ende 2025 hinziehen. Im ersten Quartal 2026 sollen die Flächenausweisungen dann verbindlich werden. Bis dahin werden in den meisten Gebieten wohl Interessenten vom privilegierten Baurecht Gebrauch gemacht haben, so dass sich die Planung des RPV weitgehend erübrigt.

60 % Anteil der Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung in 2023

Windkraftanlagen steigerten ihre Produktion deutschlandweit um 14 %, insgesamt legten die Erneuerbaren um 7 % zu.

6.1.2024 Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat die Zahlen für die „Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2023“ veröffentlicht. Demnach lag der Anteil der Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung bei 59,7 %. In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im Jahr 2023 ca. 260 TWh. Sie liegen damit 7,2% über dem Niveau des Vorjahres. Rechnet man auch die importierten Strommengen mit ein, ist der Anteil etwas geringer (56,9 %), weil die Stromimporte einen geringeren Anteil Erneuerbare enthalten.

Windkraftwerke produzierten im Jahr 2023 rund 140 Terawattstunden (TWh), davon 115 TWh an Land, und lagen damit ca. 14 % über der Inlands-Produktion im Jahr 2022. Photovoltaikanlagen haben in 2023 ca. 60 TWh Strom erzeugt, davon wurden ca. 54 TWh in das öffentliche Netz eingespeist und rund 6 TWh selbst verbraucht. Die gesamte PV-Produktion hat sich gegenüber dem Vorjahr um ca. 1 TWh bzw. 1,4 % erhöht.

Der relativ geringe Zuwachs bei der PV-Produktion lag am wenig sonnenreichen Wetter. Denn die installierte PV-Leistung hat kräftig zugelegt: Stand Ende November 2023 um ca. 13 GW auf rund 81 GW – ein Plus von fast 20 %! Dagegen wuchs die installierte Leistung bei der Windenergie an Land nur um rund 7 % auf ca. 61 GW, aber das windige Wetter ließ die Produktion in die Höhe schnellen.

Insgesamt war die Windenergie wieder die stärkste Energiequelle des Jahres 2023 (32% der gesamten Nettostromerzeugung), gefolgt von Braunkohle (18 %), Solar (12 %, ohne Eigenverbrauch), Erdgas (11%), Biomasse (10 %), Steinkohle (8 %), Wasserkraft (5 %) und Kernenergie (2 %).

Nettostromerzeugung aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung. Das ist der Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Der Selbstverbrauch von Solarstrom und die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch sind dabei nicht berücksichtigt. ©Fraunhofer-ISE / Energy-Charts

©Fraunhofer-ISE / Energy-Charts

©Fraunhofer-ISE / Energy-Charts

©Fraunhofer-ISE / Energy-Charts

Bisher sind 101 Anlagen in Betrieb, für weitere 150 Windräder sind bereits Standortversicherungsverträge geschlossen.

18.10.2023 Mit gut 8000 Quadratkilometern Fläche sind die bayerischen Staatsforsten der größte Waldbesitzer in Deutschland. Viel Platz also für viele Windräder – die Ministerpräsident Söder ja schon lange versprochen hatte. In einem „Potenzialgutachten“ hatten die Staatsforsten vor zwei Jahren die Standorte für bis zu 500 Windkraftanlagen ermitteln lassen. Wann sie gebaut werden, ist aber immer noch offen. Während Hubert Aiwanger eine weitgehende Beteiligung der Bürger an der Finanzierung der Anlagen anstrebt, will Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) wegen der hohen Kosten Investoren ins Boot holen, zumindest bei größeren Windparks.

Vielleicht können die Staatsforsten ja auch das ein oder andere Windrad selbst stemmen: Sie haben im letzten Geschäftsjahr immerhin 68,4 Millionen Euro Nettogewinn gemacht, wie die SZ berichtet:

NRW kippt pauschale Mindestabstände

Der nordrhein-westfälische Landtag hat den pauschalen 1000-Meter-Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Wohnsiedlungen abgeschafft.

25.8.2023 Für den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen votierten in namentlicher Abstimmung 148 von 170 Abgeordneten. Auch die SPD als größte Oppositionsfraktion schloss sich dem Gesetzentwurf an. FDP und AfD stimmten dagegen.

Eingeführt worden war die pauschale Abstandsregelung nach der Landtagswahl 2017 von den neuen Koalitionspartnern CDU und FDP. Sie schrieben zunächst einen Mindestabstand von 1500 Metern für neue Windanlagen zur Wohnbebauung fest. Danach kam der Neubau von Windrädern fast zum Erliegen. Denn im dicht besiedelten NRW gibt es kaum Gebiete, die solche Abstände einhalten. 2021 musste die schwarz-gelbe Landesregierung wegen einer Gesetzesänderung im Bund den Abstand auf 1.000 Meter verringern. Grüne und SPD, beide in der Opposition, wollten schon damals die Regel ganz kippen.

Der Regierungswechsel im Mai 2022 brachte neue Bewegung in die Sache. Eine Abschaffung der Tausend-Meter-Regel konnten die Grünen in den Koalitionsverhandlungen zwar nicht durchsetzen, aber Mitte Juni dieses Jahres gab die CDU schließlich ihren Widerstand gegen die Streichung der Tausend-Meter-Regel auf und Schwarz-Grün brachte ein Gesetz zur Abschaffung des umstrittenen Abstandsgebots ein.

Wegen strenger Vorschriften etwa zum Lärmschutz werden Windanlagen aber auch in NRW künftig mehrere Hundert Meter von Wohnbebauungen entfernt stehen. Dazu muss in der Regel die dreifache Höhe der Anlage als Abstand eingehalten werden.

https://www.sueddeutsche.de/politik/landtag-windraeder-in-nrw-kuenftig-naeher-an-wohngebieten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230825-99-956914

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/cdu-gruene-schaffen-tausend-meter-regel-ab-100.html

Regionaler Planungsverband legt Mindestabstände fest

Nur noch 550 Meter zu „gemischten Bauflächen“

13.6.2023 Nachdem die Gemeinden im Regionalen Planungsverband München ihre Vorschläge für Windenergie-Vorrangflächen gemeldet haben, stellt der Planungsausschuss des RPV fest: Der vom Freistaat geforderte Beitrag von 1,1 % der Regionsfläche für Windenergieanlagen wird nur schwer zu erreichen sein. Deshalb ist der Planungsausschuss nun bei der Festlegung der Mindestabstände bis an die Grenze des gemäß Lärmschutzgesetz Erlaubten gegangen: Der Abstand zu „Wohnbauflächen“ muss demnach mindestens 900 Meter betragen, zu „gemischten Bauflächen“ 550 Meter und zu Einzelgehöften im Außenbereich ebenfalls 550 Meter. Dabei sind Wohnbauflächen diejenigen, die im Flächennutzungsplan mit „W“ gekennzeichnet sind, „gemischte Bauflächen“ erscheinen im FNP mit einem „M“.

Neu und überraschend ist die Unterscheidung zwischen diesen beiden Bauflächen gemäß Flächennutzungsplan. Bisher wurden in einschlägigen Gutachten meist dieselben Abstände zu diesen beiden Siedlungsformen zugrunde gelegt. In unseren dörflich geprägten Gemeinden sind viele ältere Bauflächen als „gemischte Bauflächen“ ausgewiesen, weil zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebe dort ansässig sind. Im Einzelfall könnten also Windräder auf bis zu 550 Meter an solche Gebiete heranrücken.

Beispiel Riedenzhofen (Gemeinde Röhrmoos): Der alte Ortskern (braun) ist im Flächennutzungsplan als „gemischte Baufläche“ (M) gekennzeichnet. Ein Windrad im nordöstlich gelegenen Wald könnte demnach näher an den Ort heranrücken.

Tatsächlich lässt das Bundesimmissionsschutzgesetz für „Dorf-, Misch- und Kerngebiete“ einen nächtlichen Lärmpegel von 45 dB(A) zu, der sich bereits bei einem Abstand von 500 m zum Windrad einhalten lässt. Für „allgemeine Wohngebiete“ dürfen dagegen 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden, was zu einem Mindestabstand von rund 900 m führt.

Das bedeutet nun aber nicht, dass alle Flächen, die diese Mindestabstände einhalten, als Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen werden. Die jetzt festgelegten Werte geben lediglich die Grenzen vor, innerhalb derer nach geeigneten Vorrangflächen gesucht werden soll. Dabei sind weitere Einschränkunegn zu berücksichtigen, wie etwa die Schutzbereiche der Flughäfen München und Oberpfaffenhofen, außerdem militärische Schutzbereiche, Abstände zu Straßen und Schienen sowie der Denkmalschutz (Kloster Andechs, Domberg Freising, etc.) und natürlich der Naturschutz.

Auch die Größe der jeweiligen Flächen soll in die Entscheidung einfließen. Einerseits möchte man einen „Streuselkuchen“ von Windrädern (also viele einzelne kleine Flächen) vermeiden, andererseits sollen aber möglichst alle Flächenpotentiale genutzt werden, um das 1,1%-Ziel zu erreichen. Derzeit arbeitet der Planungsausschuss mit einer Mindestgröße für Suchflächen von 2 ha.

Bis die Vorrangflächen endgültig feststehen, muss also noch vieles geprüft und viel diskutiert werden. Ein erstes Anhörverfahren könne frühestens im Jahr 2024 durchgeführt werden, heißt es beim Planungsausschuss.

Weitere Infos:

https://www.region-muenchen.com/aktuelles/sitzungen/2023/266pa-13jun23-top/ds2023-3-266pa-13jun

https://www.region-muenchen.com/fileadmin/region-muenchen/Dateien/Pdf_Downloads/Sitzungsunterlagen/Sitzungsunterlagen_2023/DS23_3_Anlage_Foliensatz.pdf

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/windkraft-regionaler-planungsverband-vorrangflaechen-regionalplanung-energiewende-klimaschutz-1.5931267

Umweltministerium präzisiert Artenschutzprüfung in Bayern

8.2.2023 In einer Pressemitteilung schreibt das Bayerische Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz:

„Damit die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes rechtssicher und praxisgerecht umgesetzt werden, haben wir in Bayern neue Kartierungsrichtlinien für den Artenschutz erlassen. Damit sollen die Behörden vor Ort sowie die Vorhabenträger im Genehmigungsverfahren weiter entlastet werden. Mit den Richtlinien wird eine Lücke geschlossen, die entstanden ist, weil der Bund entgegen ursprünglicher Ankündigungen keine bundesweiten Vollzugsregeln vorlegen will.“

Es handelt sich also um die seit Langem erwartete Präzisierung zum Bundesnaturschutzgesetz, das in punkto Artenschutzprüfung ziemlich vage bleibt. Die Details der neuen Regelung stehen in den Hinweisen zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren“

Die neuen Regelungen gelten für Verfahren, die ab dem 1.2.2024 beantragt werden. Sie sind zwar einerseits sehr detailliert, andererseits ziemlich schwammig. Bei der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung soll zunächst auf vorhandene Daten zurückgegriffen werden (öffentlich zugängliche saP-Onlineanwendung). Untersuchungen „ins Blaue hinein“ seien nicht veranlasst. Für den Landkreis DAH weist diese Datenbank aber immerhin Funde von 10 der 15 laut Bundesnaturschutzgesetz bedrohten Vogelarten aus – nach denen im Zweifel am geplanten Windrad-Standort gesucht werden muss.

Ob und in welchem Umfang eine Prüfung vor Ort nötig ist, liegt offenbar im Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Gegebenenfalls muss an 18 Tagen von März bis Juli jeweils 4-5 Stunden lang nach Brutplätzen gesucht werden – wenn es um den Wespenbussard geht, noch eine Stunde länger. Im Gegensatz zum umstrittenen Bayerischen Windenergieerlass von 2016 geht es bei den neuen Regeln aber nicht mehr um die Flugbewegungen der Vögel, sondern ausschließlich um ihre Brutplätze.

Sobald der Windenergieerlass am 31.8.2023 ausläuft, wird es weitere Konkretisierungen vom Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz geben. Und der Bund hat für das erste Quartal 2023 eine Rechtsverordnung zu den Anforderungen an die Habitatpotentialanalyse angekündigt. Dieses Verfahren ersetzt im erweiterten Prüfbereich die Beobachtung vor Ort. Dabei wird geprüft, ob es sich bei der für Windräder geplanten Gegend um einen geeigneten Lebensraum für die betreffende Vogelart handelt, ob also Brutstätten dort wahrscheinlich sind.

Endlich: Netzausbau im Landkreis Dachau in Sicht!

Seit Jahren arbeitet das Mittelspannungsnetz im Landkreis Dachau an seiner Kapazitätsgrenze. Neue große PV- oder Windkraftanlagen haben kaum noch eine Chance, ihren Strom loszuwerden. Dabei steht schon seit 2019 ein neues Umspannwerk in Kleinschwabhausen (Markt Indersdorf), aber es steht still. Denn es fehlt der Anschluss an das Hochspannungsnetz in Oberbachern, weil viele Grundbesitzer sich gegen die Kabelverlegung wehren. Jetzt endlich will das Bayernwerk ernst machen und den Anschluss notfalls per Enteignung durchsetzen, wie die SZ am 21.2.2023 berichtet. In einem weiteren Bericht vom 24. März 2023 heißt es, mit der Inbetriebnahme des Kabels sei Mitte 2025 zu rechnen.

Ab 1.1.2023 geht es los: Förderung der Bürgerenergie!

Ab sofort fördert das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Anlaufkosten von Bürgerenergiegesellschaften für Wind an Land. Seit dem 1.1.2023 werden Bürgerenergiegesellschaften unterstützt, um die Hürde von hohen Planungs- und Genehmigungskosten zu überwinden. 70% – maximal 200.000 Euro pro Windprojekt – fördert das Ministerium jetzt über das neue Programm. Um Doppelförderung zu vermeiden, muss die Förderung zurückgezahlt werden, wenn das Projekt erfolgreich an den Start geht.
Weitere Details unter
https://sven-giegold.de/heute-geht-es-los-wir-foerdern-die-buergerenergie/

Bundesnetzagentur hebt die Höchstwerte für Windenergie-Ausschreibungen an

27.12.2022: Wegen der gestiegenen Baukosten und der höheren Kreditzinsen haben sich zuletzt nur wenige Interessent:innen an der Ausschreibung für neue Windenergieanlagen beteiligt. Um den Bau von Windrädern wieder lukrativer zu machen, hat die Bundesnetzagentur am 27.12.2022 den Höchstsatz für die Vergütung beim Ausschreibungsverfahren von 5,88 auf 7,35 Cent/kWh abgehoben.

https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/20221227_Hoechstwerte.html?nn=265778

Anlagenbauer, die eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten wollen, müssen am Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Bei dem Verfahren erhält derjenige den Zuschlag, der die geringste Fördersumme pro Kilowattstunde fordert. Er darf aber bisher maximal 5,88 Cent pro Kilowattstunde fordern, und selbst das reicht für einen rentablen Betrieb der Anlage oft nicht aus. Mit dem neuen Höchstsatz von 7,35 Cent/kWh hat die Bundesnetzagentur nun den vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen voll ausgeschöpft.

Bürgerenergieanlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 18 Megawatt sind ab 1. Januar 2023 von der Ausschreibungspflicht befreit. Zu diesem Datum treten noch viele weitere Neuerungen aus dem „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau
der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ in Kraft:

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl122s1237.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl122s1237.pdf%27%5D__1672321707442

Vereinfachung im Genehmigungsverfahren für Windräder ab Januar 2023

Am Montag, 19.12.2022, haben die EU-Energieminister:innen eine Notfallverordnung zum Bürokratieabbau für Wind, Solar & Co. beschlossen! Das wird den Ausbau der erneuerbaren Energien enorm beschleunigen!
Unter anderem wichtig:
Die artenschutzrechtliche Prüfung kann vereinfacht werden, wenn die Population einer Art nicht gefährdet ist.
Der ganze Artikel unter
https://sven-giegold.de/booster-fuer-die-erneuerbaren-in-europa

Ausnahmen von der 10H-Regelung

Am 27.10.2022 hat der Bayerische Landtag Änderungen im Baugesetz beschlossen. Der wichtigste Punkt daraus ist, dass im Wald von der 10H-Regel abgewichen werden kann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Das Windrad muss einen Mindestabstand von 1000 m zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen haben.
  • Ein Windrad „steht im Wald“, wenn von der Mitte des Mastfußes zum Waldrand mindestens ein Abstand in Höhe des Radius des Rotors (ca. 80 m, je nach Dimensionierung des Windrades) eingehalten wird.
  • Der Wald muss bereits vor dem 16.11.2022 bestanden haben.

Das Gesetz ist bereits seit dem 16.11.2022 in Kraft!

Das Entfallen der 10H Regel in diesem Fall bedeutet insbesondere, dass keine Bauleitplanung der Gemeinde mehr erforderlich ist. Es gilt hier das privilegierte Baurecht.

Wortlaut des Gesetzestextes: www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Folgedrucksachen/0000018000/0000018042.pdf

Die bundesweite 2%-Regel

Das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verpflichtet alle Bundesländer zur Ausweisung von Windenergieflächen. Insgesamt sollen bundesweit auf 2% der Fläche Windräder gebaut werden können. Für Bayern gilt:

  • Bis zum 31.12.2027 müssen 1,1% der Landesfläche als Windenergiefläche ausgewiesen werden und bis zum 31.12.2032 müssen es insgesamt 1,8% sein.
  • Bis zum 31.5.2024 muss Bayern erste nachvollziehbare Schritte dazu nachweisen, andernfalls tritt privilegiertes Baurecht in Kraft.
  • Der Regionale Planungsverband München (Region 14), dem wir angehören, muss das 1,1%-Ziel ebenfalls bis 2027 erreichen.
Die Planungsregion München (Grafik: RPV München)

In Bayern wird diese Ausweisung auf die 18 regionalen Planungsverbände aufgeteilt. Der Landkreis Dachau gehört zur Region 14. Zu den Mitgliedern dieses RPV zählen die Landeshauptstadt München, acht Landkreise der Region München (Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg) sowie die 185 kreisangehörigen Gemeinden in diesen Landkreisen.

Was könnte man jetzt tun?

Angesichts der oben geschilderten rechtlichen Lage ist die Situation im Moment etwas unübersichtlich:

  • Warten bis 2027? Soviel Zeit haben wir nicht.
  • Nichts tun? Investoren können sich in Waldgebieten breit machen, da die Gemeinde kaum mehr Einfluss hat.
  • Bauleitplanung der Gemeinde: seit dem 16.11.2022 in Waldgebieten kaum mehr erforderlich (s. oben). In der freien Natur nötig, sofern man von der 10 H Regel abweichen will. Ab 2027 wird es die Windvorrangflächen geben, in denen Baurecht besteht, d.h. keine Bauleitplanung durch die Gemeinde. Außerhalb dieser Vorrangflächen werden keine Windräder mehr genehmigt werden.

Ein möglicher Ausweg:
Die Gemeinde geht auf alle Grundbesitzer:innen von entsprechenden Waldgebieten zu und versucht sie bezüglich Windkraft alle in dasselbe Boot zu holen. In dieser Auftaktversammlung ist ein Planer und/oder ein Vorhabenträger (Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaft,..) dabei, der zu allen auftretenden Fragen Stellung bezieht. Dann könnte ein Pool von „bauwilligen Grundbesitzer:innen“ gebildet werden. Jeder, der da dabei ist, wird an der Pacht in geeigneter Weise beteiligt. Der Standort der Windräder ist bis dahin noch nicht festgelegt. Das Planungsbüro ermittelt nun auf dieser Grundlage die optimale Verteilung der (Bürger-)Windräder. Wenn dies Zustimmung findet, könnte man mit der eigentlichen Planung beginnen.

Ein wichtiger Punkt ist dabei, wer die Kosten für die Gutachten übernimmt. Da gibt es mehrere Möglichkeiten: das Planungsbüro, die Stadtwerke und/oder die Grundbesitzer:innen oder…. Wenn das geplant ist, kann es losgehen.
Vorteile dabei sind: Zahlreiche Grundbesitzer:innen sind eingebunden, Bürgerwindräder und ein lokaler Planer oder Vorhabenträger (Stadtwerke….) erhöhen ebenfalls die Akzeptanz, irgendwann stößt auch die Gemeinde dazu (falls nicht schon dabei). Das alles macht Einwände oder Klagen unwahrscheinlicher. Nicht zuletzt treten beim Bau von mehr als einem Windrad Synergieeffekte auf, sodass die Kosten geringer werden.


Bayerns neuer Windboom

5.12.2022: „Bayern hat 2000 Gemeinden, ich gehe aus heutiger Sicht von Projektvorhaben mit insgesamt über 1000 neuen Windrädern in den nächsten fünf Jahren aus“, sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger der Deutschen Presse-Agentur in München. Derzeit sind bayernweit 1136 Windenergieanlagen im Einsatz.

https://www.heise.de/news/Bayerns-neuer-Windboom-Aiwanger-erwartet-Verdoppelung-der-Windraeder-bis-2027-7365903.html?wt_mc=sm.red.ho.mastodon.mastodon