Windkraft aktuell

NRW kippt pauschale Mindestabstände

Der nordrhein-westfälische Landtag hat den pauschalen 1000-Meter-Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Wohnsiedlungen abgeschafft.

25.8.2023 Für den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen votierten in namentlicher Abstimmung 148 von 170 Abgeordneten. Auch die SPD als größte Oppositionsfraktion schloss sich dem Gesetzentwurf an. FDP und AfD stimmten dagegen.

Eingeführt worden war die pauschale Abstandsregelung nach der Landtagswahl 2017 von den neuen Koalitionspartnern CDU und FDP. Sie schrieben zunächst einen Mindestabstand von 1500 Metern für neue Windanlagen zur Wohnbebauung fest. Danach kam der Neubau von Windrädern fast zum Erliegen. Denn im dicht besiedelten NRW gibt es kaum Gebiete, die solche Abstände einhalten. 2021 musste die schwarz-gelbe Landesregierung wegen einer Gesetzesänderung im Bund den Abstand auf 1.000 Meter verringern. Grüne und SPD, beide in der Opposition, wollten schon damals die Regel ganz kippen.

Der Regierungswechsel im Mai 2022 brachte neue Bewegung in die Sache. Eine Abschaffung der Tausend-Meter-Regel konnten die Grünen in den Koalitionsverhandlungen zwar nicht durchsetzen, aber Mitte Juni dieses Jahres gab die CDU schließlich ihren Widerstand gegen die Streichung der Tausend-Meter-Regel auf und Schwarz-Grün brachte ein Gesetz zur Abschaffung des umstrittenen Abstandsgebots ein.

Wegen strenger Vorschriften etwa zum Lärmschutz werden Windanlagen aber auch in NRW künftig mehrere Hundert Meter von Wohnbebauungen entfernt stehen. Dazu muss in der Regel die dreifache Höhe der Anlage als Abstand eingehalten werden.

https://www.sueddeutsche.de/politik/landtag-windraeder-in-nrw-kuenftig-naeher-an-wohngebieten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230825-99-956914

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/cdu-gruene-schaffen-tausend-meter-regel-ab-100.html

Regionaler Planungsverband legt Mindestabstände fest

Nur noch 550 Meter zu „gemischten Bauflächen“

13.6.2023 Nachdem die Gemeinden im Regionalen Planungsverband München ihre Vorschläge für Windenergie-Vorrangflächen gemeldet haben, stellt der Planungsausschuss des RPV fest: Der vom Freistaat geforderte Beitrag von 1,1 % der Regionsfläche für Windenergieanlagen wird nur schwer zu erreichen sein. Deshalb ist der Planungsausschuss nun bei der Festlegung der Mindestabstände bis an die Grenze des gemäß Lärmschutzgesetz Erlaubten gegangen: Der Abstand zu „Wohnbauflächen“ muss demnach mindestens 900 Meter betragen, zu „gemischten Bauflächen“ 550 Meter und zu Einzelgehöften im Außenbereich ebenfalls 550 Meter. Dabei sind Wohnbauflächen diejenigen, die im Flächennutzungsplan mit „W“ gekennzeichnet sind, „gemischte Bauflächen“ erscheinen im FNP mit einem „M“.

Neu und überraschend ist die Unterscheidung zwischen diesen beiden Bauflächen gemäß Flächennutzungsplan. Bisher wurden in einschlägigen Gutachten meist dieselben Abstände zu diesen beiden Siedlungsformen zugrunde gelegt. In unseren dörflich geprägten Gemeinden sind viele ältere Bauflächen als „gemischte Bauflächen“ ausgewiesen, weil zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebe dort ansässig sind. Im Einzelfall könnten also Windräder auf bis zu 550 Meter an solche Gebiete heranrücken.

Beispiel Riedenzhofen (Gemeinde Röhrmoos): Der alte Ortskern (braun) ist im Flächennutzungsplan als „gemischte Baufläche“ (M) gekennzeichnet. Ein Windrad im nordöstlich gelegenen Wald könnte demnach näher an den Ort heranrücken.

Tatsächlich lässt das Bundesimmissionsschutzgesetz für „Dorf-, Misch- und Kerngebiete“ einen nächtlichen Lärmpegel von 45 dB(A) zu, der sich bereits bei einem Abstand von 500 m zum Windrad einhalten lässt. Für „allgemeine Wohngebiete“ dürfen dagegen 40 dB(A) nachts nicht überschritten werden, was zu einem Mindestabstand von rund 900 m führt.

Das bedeutet nun aber nicht, dass alle Flächen, die diese Mindestabstände einhalten, als Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen werden. Die jetzt festgelegten Werte geben lediglich die Grenzen vor, innerhalb derer nach geeigneten Vorrangflächen gesucht werden soll. Dabei sind weitere Einschränkunegn zu berücksichtigen, wie etwa die Schutzbereiche der Flughäfen München und Oberpfaffenhofen, außerdem militärische Schutzbereiche, Abstände zu Straßen und Schienen sowie der Denkmalschutz (Kloster Andechs, Domberg Freising, etc.) und natürlich der Naturschutz.

Auch die Größe der jeweiligen Flächen soll in die Entscheidung einfließen. Einerseits möchte man einen „Streuselkuchen“ von Windrädern (also viele einzelne kleine Flächen) vermeiden, andererseits sollen aber möglichst alle Flächenpotentiale genutzt werden, um das 1,1%-Ziel zu erreichen. Derzeit arbeitet der Planungsausschuss mit einer Mindestgröße für Suchflächen von 2 ha.

Bis die Vorrangflächen endgültig feststehen, muss also noch vieles geprüft und viel diskutiert werden. Ein erstes Anhörverfahren könne frühestens im Jahr 2024 durchgeführt werden, heißt es beim Planungsausschuss.

Weitere Infos:

https://www.region-muenchen.com/aktuelles/sitzungen/2023/266pa-13jun23-top/ds2023-3-266pa-13jun

https://www.region-muenchen.com/fileadmin/region-muenchen/Dateien/Pdf_Downloads/Sitzungsunterlagen/Sitzungsunterlagen_2023/DS23_3_Anlage_Foliensatz.pdf

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/windkraft-regionaler-planungsverband-vorrangflaechen-regionalplanung-energiewende-klimaschutz-1.5931267

Frischer Wind in DAH“: Der Saal im Gasthaus Doll war rappelvoll

Mit diesem Ansturm hatten die Veranstalter selbst nicht gerechnet. Der Arbeitskreis Windkraft im Landkreis Dachau hatte am 25. Mai zum Thema „Windkraft im Landkreis gestalten“ vier Referenten geladen, die über ihre Erfahrungen mit Windenergie berichten konnten. Offenbar ist der Informationsbedarf groß: Der Wirt musste rasch noch weitere Stühle herbeischaffen, damit alle Gäste Platz fanden.

An die 200 Besucher im Gasthaus Doll

Alle Referenten – drei Bürgermeister und ein Genossenschafts-Vorstand – waren sich einig: Wir brauchen die Windkraft, um unsere Energieversorgung zu sichern und das Klima zu schützen. Man sollte das Feld aber nicht Rendite-fokussierten Investoren von außerhalb überlassen. Wenn man die Bürger mitnehmen will, müssen sie sich an der Finanzierung und am Ertrag von Windrädern beteiligen können. Zum Beispiel in Form einer Genossenschaft.

So konnte Werner Hillebrand-Hansen von der Bürgerenergie-Genossenschaft Freisinger Land äußerst positive Zahlen vom Windrad bei Kammerberg präsentieren: Es leistet im Schnitt 7 Mio. kWh pro Jahr – deutlich mehr als prognostiziert, und das obwohl es 18 % der Zeit stillsteht. Besonders viel Energie erzeugt es in den Wintermonaten und nachts – und ergänzt so ideal die PV-Anlagen, die die Genossenschaft ebenfalls betreibt. Beim Flächenverbrauch sei die Windkraft aber klar im Vorteil: Nur 0,3 ha braucht ein Windrad, eine Freiflächen-PV-Anlage dagegen für dieselbe Energiemenge 14 ha, und eine Biogasanlage stolze 600 ha!

Auch die Gemeindekasse profitiert

In Gerolsbach im Landkreis Pfaffenhofen können sich die Bürger ebenfalls an einer Windenergie-Genossenschaft beteiligen. Sie betreibt zusammen mit der Gemeinde drei Windräder, die ca. 17 kWh Strom pro Jahr erzeugen und damit 4600 Haushalte versorgen können – ein Vielfaches dessen, was in der Gemeinde verbraucht wird, wie Bürgermeister Martin Seitz berichtete. Von den Einnahmen konnte Seitz einen Kindergarten bauen und das Rathaus sanieren.

Werner Hillebrand-Hansen
Martin Seitz

Größere Probleme bereitet allen Windrad-Planern der Anschluss ans Stromnetz. Seitz musste für die drei Windräder eine Leitung für rund 1 Mio. Euro verlegen, und für die beiden neuen Anlagen, die er derzeit plant, wird er wohl zusammen mit einer Nachbargemeinde ein eigenes Umspannwerk bauen. Kostenpunkt: an die 7 Mio. Euro! Auch Hillebrand-Hansen, der ebenfalls neue Anlagen plant, rechnet mit hohen Kosten für den Anschluss: Für Anlagen aus vier Windrädern sei das 20-kV-Mittelspannungsnetz eine Nummer zu klein, da komme man um ein Umspannwerk auf 110 kV nicht herum. Unisono betonen die Referenten, dass das Bayernwerk dabei nicht gerade hilfreich sei. Bis der Netzbetreiber ein Umspannwerk baut, gingen gut und gerne 10 Jahre ins Land. Deshalb müsse man als Betreiber selbst aktiv werden.

Erhebliche Kosten verschlingt auch die Planung einer Windenergieanlage, insbesondere das aufwendige Artenschutzgutachten. Übereinstimmend berichten Hillebrand-Hansen und Seitz von rund einer halben Mio. Euro, die als Vorlaufkosten anfallen, bevor die Genehmigung erteilt – oder im schlimmsten Fall verweigert wird. Dieses Risiko kann keine Gemeinde aus ihrem Haushalt eingehen. Meist braucht es deshalb einen finanzkräftigen Projektierer, der mit den Planungskosten in Vorleistung geht.

Unterschiedliche Erfahrungen haben die Bürgermeister mit der Reaktion der Bevölkerung auf die Windenergiepläne in ihren Gemeinden gemacht. Während Martin Seitz von überwiegender Zustimmung berichtet, gab es in Pfaffenhofen an der Glonn einen „Riesenärger in der Bevölkerung“, als 2012 die ersten Planungen für Windräder bekannt wurden – so Bürgermeister Helmut Zech. Als die Staatsregierung dann die 10H-Regel verordnete, waren Bürgermeister und Gemeinderäte heilfroh, dass das Thema abgeräumt war – und haben es jahrelang nicht mehr freiwillig angefasst. Mittlerweile habe aber die Zustimmung zur Windenergie deutlich zugenommen, räumt Zech ein. Und tatsächlich hat der Pfaffenhofener Gemeinderat als einer der ersten im Landkreis eine Bauleitplanung für Windkraftanlagen beschlossen und ein Projekt mit fünf Windrädern auf den Weg gebracht.

Bürgergenossenschaft Dachauer Land gegründet

Auch in anderen Gemeinden im Landkreis kommt Bewegung in das Thema Windenergie. Bürgermeister Michael Reiter aus Altomünster berichtet von einer „Bürgerenergiegenossenschaft Dachauer Land“, die vor Kurzem von den Gemeinden Altomünster, Markt Indersdorf und Hilgertshausen-Tandern gegründet wurde. Auch weitere Gemeinden können sich beteiligen, und Bürger können Genossenschaftsanteile ab 100 Euro zeichnen. In diesem Herbst sollen die ersten Projekte vorgestellt werden.
https://www.buergerenergie-dachauerland.de/

Uli Rauhut vom Ak Windkraft, Michael Reiter, Werner Hillebrand-Hansen (von links)

Als Helmut Zech ins Publikum fragte, wer denn prinzipiell gegen Windräder sei, hob sich nur ein einziger Arm. Windräder seien ein Schandfleck in der Landschaft, man solle lieber auf Wasserkraft setzen, argumentierte die Frau. Andere Fragesteller waren eher an Details interessiert, etwa wie viel CO₂ durch eine Windkraftanlage eingespart werde. In Gerolsbach sind es 8500 Tonnen pro Jahr, so Martin Seitz. Und wie hoch sind die Einnahmen je Kilowattstunde? Bei circa sechs Cent pro kWh liegt derzeit die Mindestvergütung, erläutert Hillebrand-Hansen. Welche Pachtbeträge winken den Grundbesitzern? Martin Seitz spricht von einem sechsstelligen Betrag pro Windrad. Wie soll überschüssiger Strom gespeichert werden? Michael Reiter denkt an eine große Wärmepumpe, Martin Seitz plant einen Wasserstoff-Elektrolyseur. Will die neu gegründete Genossenschaft im Landkreis Dachau vom privilegierten Baurecht im Wald Gebrauch machen, um möglichst schnell Windräder zu realisieren? Auf diese Frage hat Michael Reiter noch keine konkrete Antwort. Es bleibt also spannend!

Weitere Infos:
Vier bis sechs Windräder pro Gemeinde sind schon drin (SZ vom 24.5.2023)
Das Thema Windkraft bewegt den Landkreis (SZ vom 26.5.2023)
Die Zeit ist reif (Merkur vom 27.5.2023)
Frischer Wind für Dachau (Dachauer Kurier vom 31.5.2023)
Frischer Wind im Landkreis Dachau (Dachauer Rundschau vom 3.6.2023)

Umweltministerium präzisiert Artenschutzprüfung in Bayern

In einer Pressemitteilung vom 8.2.2023 schreibt das Bayerische Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz:

„Damit die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes rechtssicher und praxisgerecht umgesetzt werden, haben wir in Bayern neue Kartierungsrichtlinien für den Artenschutz erlassen. Damit sollen die Behörden vor Ort sowie die Vorhabenträger im Genehmigungsverfahren weiter entlastet werden. Mit den Richtlinien wird eine Lücke geschlossen, die entstanden ist, weil der Bund entgegen ursprünglicher Ankündigungen keine bundesweiten Vollzugsregeln vorlegen will.“

Es handelt sich also um die seit Langem erwartete Präzisierung zum Bundesnaturschutzgesetz, das in punkto Artenschutzprüfung ziemlich vage bleibt. Die Details der neuen Regelung stehen in den Hinweisen zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren“

Die neuen Regelungen gelten für Verfahren, die ab dem 1.2.2024 beantragt werden. Sie sind zwar einerseits sehr detailliert, andererseits ziemlich schwammig. Bei der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung soll zunächst auf vorhandene Daten zurückgegriffen werden (öffentlich zugängliche saP-Onlineanwendung). Untersuchungen „ins Blaue hinein“ seien nicht veranlasst. Für den Landkreis DAH weist diese Datenbank aber immerhin Funde von 10 der 15 laut Bundesnaturschutzgesetz bedrohten Vogelarten aus – nach denen im Zweifel am geplanten Windrad-Standort gesucht werden muss.

Ob und in welchem Umfang eine Prüfung vor Ort nötig ist, liegt offenbar im Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Gegebenenfalls muss an 18 Tagen von März bis Juli jeweils 4-5 Stunden lang nach Brutplätzen gesucht werden – wenn es um den Wespenbussard geht, noch eine Stunde länger. Im Gegensatz zum umstrittenen Bayerischen Windenergieerlass von 2016 geht es bei den neuen Regeln aber nicht mehr um die Flugbewegungen der Vögel, sondern ausschließlich um ihre Brutplätze.

Sobald der Windenergieerlass am 31.8.2023 ausläuft, wird es weitere Konkretisierungen vom Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz geben. Und der Bund hat für das erste Quartal 2023 eine Rechtsverordnung zu den Anforderungen an die Habitatpotentialanalyse angekündigt. Dieses Verfahren ersetzt im erweiterten Prüfbereich die Beobachtung vor Ort. Dabei wird geprüft, ob es sich bei der für Windräder geplanten Gegend um einen geeigneten Lebensraum für die betreffende Vogelart handelt, ob also Brutstätten dort wahrscheinlich sind.

Endlich: Netzausbau im Landkreis Dachau in Sicht!

Seit Jahren arbeitet das Mittelspannungsnetz im Landkreis Dachau an seiner Kapazitätsgrenze. Neue große PV- oder Windkraftanlagen haben kaum noch eine Chance, ihren Strom loszuwerden. Dabei steht schon seit 2019 ein neues Umspannwerk in Kleinschwabhausen (Markt Indersdorf), aber es steht still. Denn es fehlt der Anschluss an das Hochspannungsnetz in Oberbachern, weil viele Grundbesitzer sich gegen die Kabelverlegung wehren. Jetzt endlich will das Bayernwerk ernst machen und den Anschluss notfalls per Enteignung durchsetzen, wie die SZ am 21.2.2023 berichtet. In einem weiteren Bericht vom 24. März 2023 heißt es, mit der Inbetriebnahme des Kabels sei Mitte 2025 zu rechnen.

Ab 1.1.2023 geht es los: Förderung der Bürgerenergie!

Ab sofort fördert das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Anlaufkosten von Bürgerenergiegesellschaften für Wind an Land. Seit dem 1.1.2023 werden Bürgerenergiegesellschaften unterstützt, um die Hürde von hohen Planungs- und Genehmigungskosten zu überwinden. 70% – maximal 200.000 Euro pro Windprojekt – fördert das Ministerium jetzt über das neue Programm. Um Doppelförderung zu vermeiden, muss die Förderung zurückgezahlt werden, wenn das Projekt erfolgreich an den Start geht.
Weitere Details unter
https://sven-giegold.de/heute-geht-es-los-wir-foerdern-die-buergerenergie/

Bundesnetzagentur hebt die Höchstwerte für Windenergie-Ausschreibungen an

27.12.2022: Wegen der gestiegenen Baukosten und der höheren Kreditzinsen haben sich zuletzt nur wenige Interessent:innen an der Ausschreibung für neue Windenergieanlagen beteiligt. Um den Bau von Windrädern wieder lukrativer zu machen, hat die Bundesnetzagentur am 27.12.2022 den Höchstsatz für die Vergütung beim Ausschreibungsverfahren von 5,88 auf 7,35 Cent/kWh abgehoben.

https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/20221227_Hoechstwerte.html?nn=265778

Anlagenbauer, die eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten wollen, müssen am Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Bei dem Verfahren erhält derjenige den Zuschlag, der die geringste Fördersumme pro Kilowattstunde fordert. Er darf aber bisher maximal 5,88 Cent pro Kilowattstunde fordern, und selbst das reicht für einen rentablen Betrieb der Anlage oft nicht aus. Mit dem neuen Höchstsatz von 7,35 Cent/kWh hat die Bundesnetzagentur nun den vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen voll ausgeschöpft.

Bürgerenergieanlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 18 Megawatt sind ab 1. Januar 2023 von der Ausschreibungspflicht befreit. Zu diesem Datum treten noch viele weitere Neuerungen aus dem „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau
der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ in Kraft:

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl122s1237.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl122s1237.pdf%27%5D__1672321707442

Vereinfachung im Genehmigungsverfahren für Windräder ab Januar 2023

Am Montag, 19.12.2022, haben die EU-Energieminister:innen eine Notfallverordnung zum Bürokratieabbau für Wind, Solar & Co. beschlossen! Das wird den Ausbau der erneuerbaren Energien enorm beschleunigen!
Unter anderem wichtig:
Die artenschutzrechtliche Prüfung kann vereinfacht werden, wenn die Population einer Art nicht gefährdet ist.
Der ganze Artikel unter
https://sven-giegold.de/booster-fuer-die-erneuerbaren-in-europa

Ausnahmen von der 10H-Regelung

Am 27.10.2022 hat der Bayerische Landtag Änderungen im Baugesetz beschlossen. Der wichtigste Punkt daraus ist, dass im Wald von der 10H-Regel abgewichen werden kann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Das Windrad muss einen Mindestabstand von 1000 m zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen haben.
  • Ein Windrad „steht im Wald“, wenn von der Mitte des Mastfußes zum Waldrand mindestens ein Abstand in Höhe des Radius des Rotors (ca. 80 m, je nach Dimensionierung des Windrades) eingehalten wird.
  • Der Wald muss bereits vor dem 16.11.2022 bestanden haben.

Das Gesetz ist bereits seit dem 16.11.2022 in Kraft!

Das Entfallen der 10H Regel in diesem Fall bedeutet insbesondere, dass keine Bauleitplanung der Gemeinde mehr erforderlich ist. Es gilt hier das privilegierte Baurecht.

Wortlaut des Gesetzestextes: www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Folgedrucksachen/0000018000/0000018042.pdf

Die bundesweite 2%-Regel

Das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verpflichtet alle Bundesländer zur Ausweisung von Windenergieflächen. Insgesamt sollen bundesweit auf 2% der Fläche Windräder gebaut werden können. Für Bayern gilt:

  • Bis zum 31.12.2027 müssen 1,1% der Landesfläche als Windenergiefläche ausgewiesen werden und bis zum 31.12.2032 müssen es insgesamt 1,8% sein.
  • Bis zum 31.5.2024 muss Bayern erste nachvollziehbare Schritte dazu nachweisen, andernfalls tritt privilegiertes Baurecht in Kraft.
  • Der Regionale Planungsverband München (Region 14), dem wir angehören, muss das 1,1%-Ziel ebenfalls bis 2027 erreichen.
Die Planungsregion München (Grafik: RPV München)

In Bayern wird diese Ausweisung auf die 18 regionalen Planungsverbände aufgeteilt. Der Landkreis Dachau gehört zur Region 14. Zu den Mitgliedern dieses RPV zählen die Landeshauptstadt München, acht Landkreise der Region München (Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg) sowie die 185 kreisangehörigen Gemeinden in diesen Landkreisen.

Was könnte man jetzt tun?

Angesichts der oben geschilderten rechtlichen Lage ist die Situation im Moment etwas unübersichtlich:

  • Warten bis 2027? Soviel Zeit haben wir nicht.
  • Nichts tun? Investoren können sich in Waldgebieten breit machen, da die Gemeinde kaum mehr Einfluss hat.
  • Bauleitplanung der Gemeinde: seit dem 16.11.2022 in Waldgebieten kaum mehr erforderlich (s. oben). In der freien Natur nötig, sofern man von der 10 H Regel abweichen will. Ab 2027 wird es die Windvorrangflächen geben, in denen Baurecht besteht, d.h. keine Bauleitplanung durch die Gemeinde. Außerhalb dieser Vorrangflächen werden keine Windräder mehr genehmigt werden.

Ein möglicher Ausweg:
Die Gemeinde geht auf alle Grundbesitzer:innen von entsprechenden Waldgebieten zu und versucht sie bezüglich Windkraft alle in dasselbe Boot zu holen. In dieser Auftaktversammlung ist ein Planer und/oder ein Vorhabenträger (Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaft,..) dabei, der zu allen auftretenden Fragen Stellung bezieht. Dann könnte ein Pool von „bauwilligen Grundbesitzer:innen“ gebildet werden. Jeder, der da dabei ist, wird an der Pacht in geeigneter Weise beteiligt. Der Standort der Windräder ist bis dahin noch nicht festgelegt. Das Planungsbüro ermittelt nun auf dieser Grundlage die optimale Verteilung der (Bürger-)Windräder. Wenn dies Zustimmung findet, könnte man mit der eigentlichen Planung beginnen.

Ein wichtiger Punkt ist dabei, wer die Kosten für die Gutachten übernimmt. Da gibt es mehrere Möglichkeiten: das Planungsbüro, die Stadtwerke und/oder die Grundbesitzer:innen oder…. Wenn das geplant ist, kann es losgehen.
Vorteile dabei sind: Zahlreiche Grundbesitzer:innen sind eingebunden, Bürgerwindräder und ein lokaler Planer oder Vorhabenträger (Stadtwerke….) erhöhen ebenfalls die Akzeptanz, irgendwann stößt auch die Gemeinde dazu (falls nicht schon dabei). Das alles macht Einwände oder Klagen unwahrscheinlicher. Nicht zuletzt treten beim Bau von mehr als einem Windrad Synergieeffekte auf, sodass die Kosten geringer werden.


Bayerns neuer Windboom

5.12.2022: „Bayern hat 2000 Gemeinden, ich gehe aus heutiger Sicht von Projektvorhaben mit insgesamt über 1000 neuen Windrädern in den nächsten fünf Jahren aus“, sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger der Deutschen Presse-Agentur in München. Derzeit sind bayernweit 1136 Windenergieanlagen im Einsatz.

https://www.heise.de/news/Bayerns-neuer-Windboom-Aiwanger-erwartet-Verdoppelung-der-Windraeder-bis-2027-7365903.html?wt_mc=sm.red.ho.mastodon.mastodon