Windkraft aktuell

Umweltministerium präzisiert Artenschutzprüfung in Bayern

In einer Pressemitteilung vom 8.2.2023 schreibt das Bayerische Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz:

„Damit die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes rechtssicher und praxisgerecht umgesetzt werden, haben wir in Bayern neue Kartierungsrichtlinien für den Artenschutz erlassen. Damit sollen die Behörden vor Ort sowie die Vorhabenträger im Genehmigungsverfahren weiter entlastet werden. Mit den Richtlinien wird eine Lücke geschlossen, die entstanden ist, weil der Bund entgegen ursprünglicher Ankündigungen keine bundesweiten Vollzugsregeln vorlegen will.“

Es handelt sich also um die seit Langem erwartete Präzisierung zum Bundesnaturschutzgesetz, das in punkto Artenschutzprüfung ziemlich vage bleibt. Die Details der neuen Regelung stehen in den Hinweisen zur Erfassung von Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvogelarten in immissionsschutzrechtlichen Verfahren“

Die neuen Regelungen gelten für Verfahren, die ab dem 1.2.2024 beantragt werden. Sie sind zwar einerseits sehr detailliert, andererseits ziemlich schwammig. Bei der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung soll zunächst auf vorhandene Daten zurückgegriffen werden (öffentlich zugängliche saP-Onlineanwendung). Untersuchungen „ins Blaue hinein“ seien nicht veranlasst. Für den Landkreis DAH weist diese Datenbank aber immerhin Funde von 10 der 15 laut Bundesnaturschutzgesetz bedrohten Vogelarten aus – nach denen im Zweifel am geplanten Windrad-Standort gesucht werden muss.

Ob und in welchem Umfang eine Prüfung vor Ort nötig ist, liegt offenbar im Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Gegebenenfalls muss an 18 Tagen von März bis Juli jeweils 4-5 Stunden lang nach Brutplätzen gesucht werden – wenn es um den Wespenbussard geht, noch eine Stunde länger. Im Gegensatz zum umstrittenen Bayerischen Windenergieerlass von 2016 geht es bei den neuen Regeln aber nicht mehr um die Flugbewegungen der Vögel, sondern ausschließlich um ihre Brutplätze.

Sobald der Windenergieerlass am 31.8.2023 ausläuft, wird es weitere Konkretisierungen vom Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz geben. Und der Bund hat für das erste Quartal 2023 eine Rechtsverordnung zu den Anforderungen an die Habitatpotentialanalyse angekündigt. Dieses Verfahren ersetzt im erweiterten Prüfbereich die Beobachtung vor Ort. Dabei wird geprüft, ob es sich bei der für Windräder geplanten Gegend um einen geeigneten Lebensraum für die betreffende Vogelart handelt, ob also Brutstätten dort wahrscheinlich sind.

Endlich: Netzausbau im Landkreis Dachau in Sicht!

Seit Jahren arbeitet das Mittelspannungsnetz im Landkreis Dachau an seiner Kapazitätsgrenze. Neue große PV- oder Windkraftanlagen haben kaum noch eine Chance, ihren Strom loszuwerden. Dabei steht schon seit 2019 ein neues Umspannwerk in Kleinschwabhausen (Markt Indersdorf), aber es steht still. Denn es fehlt der Anschluss an das Hochspannungsnetz in Oberbachern, weil viele Grundbesitzer sich gegen die Kabelverlegung wehren. Jetzt endlich will das Bayernwerk ernst machen und den Anschluss notfalls per Enteignung durchsetzen, wie die SZ am 21.2.2023 berichtet. In einem weiteren Bericht vom 24. März 2023 heißt es, mit der Inbetriebnahme des Kabels sei Mitte 2025 zu rechnen.

Ab 1.1.2023 geht es los: Förderung der Bürgerenergie!

Ab sofort fördert das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Anlaufkosten von Bürgerenergiegesellschaften für Wind an Land. Seit dem 1.1.2023 werden Bürgerenergiegesellschaften unterstützt, um die Hürde von hohen Planungs- und Genehmigungskosten zu überwinden. 70% – maximal 200.000 Euro pro Windprojekt – fördert das Ministerium jetzt über das neue Programm. Um Doppelförderung zu vermeiden, muss die Förderung zurückgezahlt werden, wenn das Projekt erfolgreich an den Start geht.
Weitere Details unter
https://sven-giegold.de/heute-geht-es-los-wir-foerdern-die-buergerenergie/

Bundesnetzagentur hebt die Höchstwerte für Windenergie-Ausschreibungen an

27.12.2022: Wegen der gestiegenen Baukosten und der höheren Kreditzinsen haben sich zuletzt nur wenige Interessent:innen an der Ausschreibung für neue Windenergieanlagen beteiligt. Um den Bau von Windrädern wieder lukrativer zu machen, hat die Bundesnetzagentur am 27.12.2022 den Höchstsatz für die Vergütung beim Ausschreibungsverfahren von 5,88 auf 7,35 Cent/kWh abgehoben.

https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/20221227_Hoechstwerte.html?nn=265778

Anlagenbauer, die eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten wollen, müssen am Ausschreibungsverfahren teilnehmen. Bei dem Verfahren erhält derjenige den Zuschlag, der die geringste Fördersumme pro Kilowattstunde fordert. Er darf aber bisher maximal 5,88 Cent pro Kilowattstunde fordern, und selbst das reicht für einen rentablen Betrieb der Anlage oft nicht aus. Mit dem neuen Höchstsatz von 7,35 Cent/kWh hat die Bundesnetzagentur nun den vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen voll ausgeschöpft.

Bürgerenergieanlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 18 Megawatt sind ab 1. Januar 2023 von der Ausschreibungspflicht befreit. Zu diesem Datum treten noch viele weitere Neuerungen aus dem „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau
der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ in Kraft:

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=%27bgbl122s1237.pdf%27]#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl122s1237.pdf%27%5D__1672321707442

Vereinfachung im Genehmigungsverfahren für Windräder ab Januar 2023

Am Montag, 19.12.2022, haben die EU-Energieminister:innen eine Notfallverordnung zum Bürokratieabbau für Wind, Solar & Co. beschlossen! Das wird den Ausbau der erneuerbaren Energien enorm beschleunigen!
Unter anderem wichtig:
Die artenschutzrechtliche Prüfung kann vereinfacht werden, wenn die Population einer Art nicht gefährdet ist.
Der ganze Artikel unter
https://sven-giegold.de/booster-fuer-die-erneuerbaren-in-europa

Ausnahmen von der 10H-Regelung

Am 27.10.2022 hat der Bayerische Landtag Änderungen im Baugesetz beschlossen. Der wichtigste Punkt daraus ist, dass im Wald von der 10H-Regel abgewichen werden kann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Das Windrad muss einen Mindestabstand von 1000 m zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen haben.
  • Ein Windrad „steht im Wald“, wenn von der Mitte des Mastfußes zum Waldrand mindestens ein Abstand in Höhe des Radius des Rotors (ca. 80 m, je nach Dimensionierung des Windrades) eingehalten wird.
  • Der Wald muss bereits vor dem 16.11.2022 bestanden haben.

Das Gesetz ist bereits seit dem 16.11.2022 in Kraft!

Das Entfallen der 10H Regel in diesem Fall bedeutet insbesondere, dass keine Bauleitplanung der Gemeinde mehr erforderlich ist. Es gilt hier das privilegierte Baurecht.

Wortlaut des Gesetzestextes: www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Folgedrucksachen/0000018000/0000018042.pdf

Die bundesweite 2%-Regel

Das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) verpflichtet alle Bundesländer zur Ausweisung von Windenergieflächen. Insgesamt sollen bundesweit auf 2% der Fläche Windräder gebaut werden können. Für Bayern gilt:

  • Bis zum 31.12.2027 müssen 1,1% der Landesfläche als Windenergiefläche ausgewiesen werden und bis zum 31.12.2032 müssen es insgesamt 1,8% sein.
  • Bis zum 31.5.2024 muss Bayern erste nachvollziehbare Schritte dazu nachweisen, andernfalls tritt privilegiertes Baurecht in Kraft.
  • Der Regionale Planungsverband München (Region 14), dem wir angehören, muss das 1,1%-Ziel ebenfalls bis 2027 erreichen.
Die Planungsregion München (Grafik: RPV München)

In Bayern wird diese Ausweisung auf die 18 regionalen Planungsverbände aufgeteilt. Der Landkreis Dachau gehört zur Region 14. Zu den Mitgliedern dieses RPV zählen die Landeshauptstadt München, acht Landkreise der Region München (Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg) sowie die 185 kreisangehörigen Gemeinden in diesen Landkreisen.

Was könnte man jetzt tun?

Angesichts der oben geschilderten rechtlichen Lage ist die Situation im Moment etwas unübersichtlich:

  • Warten bis 2027? Soviel Zeit haben wir nicht.
  • Nichts tun? Investoren können sich in Waldgebieten breit machen, da die Gemeinde kaum mehr Einfluss hat.
  • Bauleitplanung der Gemeinde: seit dem 16.11.2022 in Waldgebieten kaum mehr erforderlich (s. oben). In der freien Natur nötig, sofern man von der 10 H Regel abweichen will. Ab 2027 wird es die Windvorrangflächen geben, in denen Baurecht besteht, d.h. keine Bauleitplanung durch die Gemeinde. Außerhalb dieser Vorrangflächen werden keine Windräder mehr genehmigt werden.

Ein möglicher Ausweg:
Die Gemeinde geht auf alle Grundbesitzer:innen von entsprechenden Waldgebieten zu und versucht sie bezüglich Windkraft alle in dasselbe Boot zu holen. In dieser Auftaktversammlung ist ein Planer und/oder ein Vorhabenträger (Stadtwerke, Bürgerenergiegenossenschaft,..) dabei, der zu allen auftretenden Fragen Stellung bezieht. Dann könnte ein Pool von „bauwilligen Grundbesitzer:innen“ gebildet werden. Jeder, der da dabei ist, wird an der Pacht in geeigneter Weise beteiligt. Der Standort der Windräder ist bis dahin noch nicht festgelegt. Das Planungsbüro ermittelt nun auf dieser Grundlage die optimale Verteilung der (Bürger-)Windräder. Wenn dies Zustimmung findet, könnte man mit der eigentlichen Planung beginnen.

Ein wichtiger Punkt ist dabei, wer die Kosten für die Gutachten übernimmt. Da gibt es mehrere Möglichkeiten: das Planungsbüro, die Stadtwerke und/oder die Grundbesitzer:innen oder…. Wenn das geplant ist, kann es losgehen.
Vorteile dabei sind: Zahlreiche Grundbesitzer:innen sind eingebunden, Bürgerwindräder und ein lokaler Planer oder Vorhabenträger (Stadtwerke….) erhöhen ebenfalls die Akzeptanz, irgendwann stößt auch die Gemeinde dazu (falls nicht schon dabei). Das alles macht Einwände oder Klagen unwahrscheinlicher. Nicht zuletzt treten beim Bau von mehr als einem Windrad Synergieeffekte auf, sodass die Kosten geringer werden.


Bayerns neuer Windboom

5.12.2022: „Bayern hat 2000 Gemeinden, ich gehe aus heutiger Sicht von Projektvorhaben mit insgesamt über 1000 neuen Windrädern in den nächsten fünf Jahren aus“, sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger der Deutschen Presse-Agentur in München. Derzeit sind bayernweit 1136 Windenergieanlagen im Einsatz.

https://www.heise.de/news/Bayerns-neuer-Windboom-Aiwanger-erwartet-Verdoppelung-der-Windraeder-bis-2027-7365903.html?wt_mc=sm.red.ho.mastodon.mastodon